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Donnerstag, 04. April 2024

Pferde stärken die Hilfsbereitschaft

Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Eine ungarische Studie gibt dieser alten Redewendung neue Bedeutung: Jugendliche mit Kontakt zu Pferden verhalten sich freiwillig so, dass es anderen zugutekommt. Gerade Jungen können der Studie zufolge vom Umgang mit Pferden profitieren. 

Die Teenagerzeit geht mit vielen Veränderungen einher: Körper, Geist und Seele entwickeln sich, die Weichen für später werden gestellt. Wie man Jugendliche bestmöglich dabei begleiten kann, ist immer wieder Gegenstand der Forschung. Ungarische Wissenschaftler haben hierzu den Aspekt des prosozialen Verhaltens in den Blick genommen – speziell bezogen darauf, ob Jugendliche eine Affinität beziehungsweise Kontakt zu Pferden haben oder nicht. 

Reiten gibt Halt

Reiten, Striegeln und Stallarbeit werden eine weite Bandbreite an gutem Einfluss zugeschrieben: Es fördere zum Beispiel das Einfühlungsvermögen sowie Teamverhalten, Kreativität, Optimismus, Durchsetzungsvermögen sowie Selbstvertrauen, Selbständigkeit und Selbstakzeptanz, heißt es. Dies beruht allerdings in der Regel auf Beobachtungsstudien mit wenigen Teilnehmern, denn statistisch belastbare Daten gibt es bisher kaum. 

Dr. Imre Zoltán Pelyva von der Universität Pécs und seine Kollegen haben nun solche vorgelegt. Jugendliche, die sich viel im Reitstall aufhalten, haben weniger emotionale und soziale Probleme als andere und verhalten sich sozialer, nahmen die Wissenschaftler an und konnten dies auch untermauern.

Selbsteinschätzung von Gefühl und Handeln

Dafür begleiteten sie vier Jahre lang 525 normal entwickelte, gesunde Schüler im Alter von 14 bis 18 Jahren von insgesamt zehn weiterführenden Schulen mit dem Ausbildungsschwerpunkt Landwirtschaft. Eine Gruppe Schüler hatte bereits zuvor zu Hause schon Umgang mit Pferden und auf ihrem Stundenplan stand an zwei Tagen wöchentlich das Thema Pferdezucht. Von den Mitschülern in der Kontrollgruppe hingegen hatte sich niemand vorher mit den Tieren beschäftigt und tat es auch im Unterricht nicht.

Alle füllten über die Zeit mehrfach einen Verhaltens-Screening-Fragebogen aus, den sogenannten „Strengths and Difficulties Questionnaire“. Dieser dient dazu, emotionale Probleme bis hin zu psychischen Störungen bei Jugendlichen aufzudecken. Betrachtet werden zum Beispiel die Gefühlslage, mögliche Hyperaktivität, Beziehungen zu anderen, das Verhalten generell sowie freiwilliges Handeln zum Wohl anderer.

Klassische Geschlechterverteilung

Die Ergebnisse bestätigen zunächst die allgemeinen Erfahrungen auch hierzulande, was die Geschlechterverteilung betrifft. Ob Stadt oder Land: In der Pferdegruppe waren deutlich mehr Mädchen als Jungen. Bei Letzteren indes wirkte sich der Pferdekontakt besonders positiv aus, vor allem hinsichtlich Verhalten und Beziehungen. Eine weitere Rolle spielt das Alter. So haben ältere Schüler laut der Studie generell weniger Gefühls- und Beziehungsprobleme als Jüngere und sie verhalten sich von sich aus sozialer.

Am deutlichsten trat aber ein grundsätzlicher Unterschied hervor: Die Schüler mit Pferdekontakt eckten in ihrem Verhalten weniger an, waren hilfsbereiter und handelten mit mehr Mitgefühl für andere als die Schüler der Kontrollgruppe – und zwar um den Faktor 4. Zudem gingen etwaig vorhandene Probleme in den genannten Bereichen in der Pferdegruppe deutlich zurück. 

So lässt die Studie insgesamt als ein Plädoyer verstehen, Jugendlichen, die reiten wollen, diesen Wunsch möglichst zu erfüllen – und Pferden in der tiergestützten Intervention die Stalltür noch weiter zu öffnen. 

Dr. Imre Zoltán Pelyva l Universität Pécs l Fakultät Gesundheit l ethyfitwell@remove-this.gmail.com