Beitrag Mensch&Tier

Donnerstag, 16. Juli 2015

Pferde als Spiegel für menschliche Gefühle

Wer mit Pferden umgehen will, sollte seine eigenen Gefühle erkennen und regulieren. Davon können laut einer schwedischen Studie junge Frauen mit Essstörungen und Tendenzen zu Selbstverletzung und Selbstmord profitieren.

Als Fluchttiere haben Pferde besonders sensible Antennen für ihre Umwelt und ihr Gegenüber. Studien belegen, dass sie auf Stimmungen ebenso wie auf Körpersprache reagieren und beides durch ihr eigenes Verhalten widerspiegeln (Ekesbo 2011, Henry et al 2005). So eignen sie sich besonders gut für Einsätze, bei denen es darum geht, Gefühle zu erkennen und zu regulieren.

Davon profitiert eine schwedische Institution beim Umgang mit jungen Frauen mit Essstörungen, Neigung zu Selbstverletzung und Selbstmordgefährdung. Die psychisch instabilen Patientinnen  dürfen im Rahmen ihrer stationären Behandlung die Pferde putzen und füttern, sie reiten, vor der Kutsche fahren oder auf ihnen voltigieren.

Umgang mit Pferden stärkt Selbstbewusstsein

Das Pferd spielt als Therapiebegleittier eine entscheidende Rolle in der Behandlung. Das zeigt eine qualitative Untersuchung der schwedischen Universitäten Linnaeus und Mid Sweden sowie der norwegischen Universität Oslo, die in der Fachzeitschrift „Human-Animal Interaction Bulletin“ (Ausgabe 2-2014) veröffentlicht wurde: Die Forscherin Catharina Carlsson führte mit ihrem Team von Psychologen und Sozialwissenschaftlern Tiefeninterviews mit acht Betreuern und neun Patientinnen zwischen 15 und 21 Jahren. Zusätzlich wurden Videoaufnahmen vom Umgang mit den Pferden gemacht und analysiert.

Die Auswertung bestätigte frühere Studien und Beobachtungen, dass der Umgang mit Pferden Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit stärkt (Koren & Traen 2003, Burgon 2012) und sich positiv auf Kommunikationsfähigkeit und Entspannung auswirkt (Beck & Katcher 2003; Dell et al 2008; Holmes et al 2011). Das Pferd als Spiegel der Emotionen der Patientinnen – beispielsweise Angst, Aggression oder Traurigkeit – half den Frauen, ihre Gefühle besser wahrzunehmen und zu regulieren. Die hohe Motivation, weiter mit den Pferden zu arbeiten, half den Teilnehmerinnen, an ihrem Verhalten zu arbeiten anstatt sich der Situation zu entziehen.

Den Forschern zufolge profitierte auch die Beziehung zwischen Patientinnen und Sozialarbeitern: Das gemeinsame Interesse am Pferd und der offene Umgang mit den eigenen Gefühlen führten dazu, dass die Beziehung als authentischer, respektvoller und informeller empfunden wurde.

Kontakt: Linnaeus University Schweden
Catharina Carlsson l catharina.carlsson@remove-this.lmu.se