Beitrag Mensch&Tier

Zuerst das Stofftier, dann der echte Hund - manche Klienten brauchen diese Vorbereitung auf die tiergestützte Intervention. Foto: Institut für soziales Lernen mit Tieren

Freitag, 13. Oktober 2023

Helfer aus Plüsch

Stofftiere können wertvolle Unterstützer sein, um tiergestützte Interventionen vorzubereiten oder sogar zu ersetzen. Warum Handpuppen in Tiergestalt aus ihrer sozialpädagogischen Arbeit nicht mehr wegzudenken sind, haben zwei Fachkräfte vom Institut für soziales Lernen mit Tieren zusammengefasst.

Tiergestützte Interventionen haben bei vielen Problemstellungen eine positive Wirkung. Sie stoßen jedoch naturgemäß an Grenzen, da immer das Wohlbefinden des eingesetzten Tieres an erster Stelle stehen sollte. Fachkräfte für tiergestützte Interventionen setzen daher zunehmend auf praktische Helfer aus Plüsch: „Stofftiere, Kuscheltiere und Handpuppen sind uns in der (sozial-)pädagogischen Arbeit mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen wertvolle Begleiter und Unterstützter und kaum noch wegzudenken“, schreiben Marie Bergmann und Lucy Löschhorn vom Institut für soziales Lernen mit Tieren in der Fachzeitschrift „tiergestützte“ (Ausgabe 3-23).

Die beiden Fachkräfte für tiergestützte Interventionen nennen drei Gründe, warum Stofftiere die tiergestützte Arbeit so gut ergänzen – nicht nur im Umgang mit Kindern, sondern auch mit anderen Zielgruppen wie Senioren, Menschen mit Behinderungen oder Demenzerkrankungen:

Brücken bauen zum echten Tier

„Stofftiere können die angeleitete Beziehungsanbahnung zwischen Mensch und Tier unterstützen und somit neue oder andere Zugangsmöglichkeiten eröffnen“, schreiben die Autorinnen. „Sie können beispielsweise ganz pragmatisch der Wissensvermittlung und der Vorbereitung des Kontakts zwischen Adressat und Tier dienen.“ So könne am Stofftier erklärt werden, welche Bedürfnisse das Tier hat, was es mag und wie man sich ihm nähern kann. „Besonders in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Erwachsenen mit (Taub-)Blindheit, hochgradiger Sehbehinderung oder mit Personen aus dem Autismus-Spektrum hat sich ‚Kollege Stofftier‘ schon in vielen Situationen bewährt: Ein Kuscheltier bewegt sich nicht unvorhersehbar, es lässt sich wunderbar ertasten und erkunden“, fassen Bergmann und Löschhorn zusammen. Im nächsten Schritt könne dann nach und nach der direkte Tierkontakt eingeleitet werden.

Stellvertreter bei Risiken

Bei manchen Krankheitsbildern kann es nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich sein, ein echtes Tier ins Spiel zu bringen. „Betroffene werden häufig direkt vom Tiersetting ausgeschlossen, obwohl besonders ihnen der Kontakt und die Interaktion so guttun würden“, heißt es im Fachartikel. Hier kann ein Stofftier als Mittler und Alternative nach Ansicht der beiden Autorinnen sehr sinnvoll sein – beispielsweise bei Menschen mit Spastiken und fehlender Feinmotorik oder im Fall von Allergien und anderen gesundheitlichen Risiken.

Stofftier als Spiegel

Ähnlich wie ein echtes Tier kann ein Kuscheltier in der pädagogischen und therapeutischen Arbeit als Spiegel- und Identifikationsobjekt dienen. „Wie schon vielfach in der Fachliteratur besprochen, kann über ein solches, in das professionelle Setting integrierte Objekt über die Befindlichkeiten des Tieres stellvertretend über die eigenen Emotionen, Gedanken und Bedürfnisse gesprochen werden“, schreiben Bergmann und Löschhorn. Die meist gesprächsorientierten Methoden der Biografiearbeit könnten durch den Einsatz von Stofftieren ergänzt werden, um Erinnerungen zu wecken. „Aber auch in der Kinder- und Jugendhilfe sind biografische Ansätze mithilfe von Stoff-, Kuscheltieren oder Handpuppen sehr gut denkbar und umsetzbar – so können eigene Erfahrungen und Erlebnisse von Kindern selbst thematisiert oder im Spiel aufgegriffen werden.“

Institut für soziales Lernen mit Tieren l Marie Bergmann und Lucy Löschhorn l info@remove-this.lernen-mit-tieren.de l www.lernen-mit-tieren.de