Beitrag Mensch&Tier

Donnerstag, 10. Juli 2014

Wachkoma-Patientin reagiert auf Tierkontakt

Eine 27-Jährige in Halle (Saale) liegt seit fünf Jahren im Wachkoma. Sie reagiert auf nichts – bis ein Therapiehund an ihr Bett kommt.


Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, basale Stimulation – trotz nahezu täglicher Behandlung verbesserte sich der Zustand der jungen Frau nicht im Geringsten, wie Wissenschaftler der Universitätsklinik Halle in der Fachzeitschrift „Rehabilitation“ (Ausgabe 52/2013) berichten. Die 27-Jährige lag nach schwerem Schädelhirntrauma seit fünf Jahren in einem persistierendem vegetativen Zustand in einem Pflegeheim. Sie war wach, aber nicht kommunikationsfähig. Ihre Muskeleigenreflexe waren schwach, aber vorhanden: Nach Schmerzreizen an Armen und Beine erfolgte eine verzögerte mimische Reaktion.

Schließlich erklärte sich der Träger des Pflegeheims bereit, die Kosten für eine hundegestützte Therapie zu übernehmen. Eine Therapeutin besuchte die Patientin mit ihrem ausgebildeten Labrador Retriever insgesamt 54 Mal; jede Sitzung dauerte 45 Minuten. Zunächst führte die Therapeutin die Hände der Patientin über das Fell ihres Hundes. Dann gab sie ihr Trockenfutter in die Hand und forderte den Hund auf, das Futter vorsichtig aufzunehmen. In einer abschließenden Entspannungsphase schmiegte sich der Therapiehund an den Körper der jungen Frau.

Alle Reaktionen der Patientin wurden durch Videos sowie die Skala Expressive Kommunikation und Selbstaktualisierung (SEKS) festgehalten, die Atem- und Herzfrequenz, Anspannung der Muskulatur oder die Körpertemperatur erfasst. „Im Verlauf der Behandlung zeigte die Patientin zunehmende vegetative, emotionale und motorische Reaktionen“, berichtet Dr. Malte Kornhuber vom Universitätsklinikum Halle. „Ihre Reaktionen wiesen eine zunehmende Zielgerichtetheit auf und ließen schließlich non-verbale Kommunikation auf sehr einfachem Niveau zu.“



So gelang es der jungen Frau zum Ende der Therapie hin, auf verbale Aufforderung hin das Futter mit dem Daumen der rechten Hand festzuhalten. Auf weitere Aufforderung hin hob sie sogar den Arm und streckte ihn zum Hund. Gelang ihr diese Bewegung nicht, so traten ihr regelmäßig Tränen in die Augen. Diese aktiven Bewegungen ließen sich sogar für eine einfache Kommunikation im Sinne von „Ja/Nein“-Antworten nutzen. „Es kann gefolgert werden, dass Reste höherer Hirnfunktionen bereits vor Aufnahme der hundgestützten Therapie vorhanden waren und durch die Therapie lediglich erkennbar wurden“, sagt Dr. Kornhuber. Sein Fazit aus dem Fallbericht: „Hundgestützte Therapie ist als komplementäre Therapieform bei einem Teil der Patienten mit sehr schweren zerebralen Schäden in Erwägung zu ziehen.“

Kontakt: Universitätsklinikum Halle (Saale) l PD Dr. Malte E. Kornhuber l malte.kornhuber@medizin.uni-halle.de