Beitrag Mensch&Tier

Freitag, 26. April 2013

Tiere erobern deutsche Seniorenheime

Sie hören zu, sie lassen sich streicheln, sie geben dem Alltag Struktur: Heimtiere wie Vögel, Hunde oder Kaninchen übernehmen in Senioreneinrichtungen zunehmend wichtige Aufgaben – mit äußerst positiven Effekten, wie Wissenschaftler, Seniorenverbände und Umfragen bestätigen.

In Zeiten von demografischem Wandel und einem Mangel an Pflegekräften erkennen immer mehr Leiter von Seniorenheimen den Wert tierischer Gesellschaft für die betagten Bewohner. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Sozialforschungsinstituts ISIS in Verbindung mit dem Portal Heimverzeichnis.de, an der 486 Einrichtungen bundesweit
teilnahmen.


Demnach erlaubt der Großteil der befragten Seniorenheime den Bewohnern, eigene Tiere zu halten. „Seit dem Jahr 2000 gibt es einen deutlichen Trend in den Einrichtungen, die Tierhaltung zu gestatten – mit zunehmender Tendenz“, sagt Uwe J. Schacher von ISIS, der die Online-Befragung durchführte.

Jede zweite der befragten Institutionen gab an, dass die Bewohner ihre Räume mit Heimtieren teilen. Allen voran wurden Vögel genannt, aber auch Katzen, Hunde, Fische und Kleintiere hellen den Alltag der Senioren auf.

Heimleiter bewerten Tierkontakt positiv

 

Die Heimleiter nannten größtenteils positive Effekte durch die Tierhaltung, unter anderem gesteigerte Zufriedenheit, Lebensfreude, Mobilität, ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein, mehr Kommunikationsbereitschaft und Erinnerungsvermögen sowie das wichtige Gefühl, gebraucht zu werden.

Die gesamte Atmosphäre lockere auf, was sich nach Aussagen von Heimleitern auch positiv auf den Umgang mit den Pflegekräften auswirkt – eine Gruppe, die aktuellen Studien zufolge besonders durch Burn-Out und Überlastung gefährdet ist (Zander et al 2011, BPtK 2012).


Die ISIS-Erhebung dokumentiert zudem, dass immer mehr Senioreneinrichtungen dazu übergehen, selbst Tiere zu halten (57 Prozent), Tierbesuchsdienste zu organisieren (46 Prozent) oder den Mitarbeitern das Mitbringen von Hunden zu gestatten (76 Prozent) – auch dabei legte der Trend in den vergangenen zehn Jahren deutlich zu.


So ist es wenig überraschend, dass 79 Prozent der befragten Heimleiter die generelle Integration von Tieren in den Heimalltag befürworten. Mehr als jeder Zweite (52,8 Prozent) spricht sich sogar dafür aus, den Einsatz von Tieren noch auszuweiten.

Verbände plädieren für mehr Einsatz von Tieren

Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) setzt sich dafür ein, das Leben älterer Menschen in Deutschland durch den Kontakt zu Heimtieren zu bereichern. „Heimtiere tragen dazu bei, dass alte Menschen körperlich, geistig und auch sozial aktiv bleiben oder es wieder werden – und Aktivität ist erwiesenermaßen der beste Garant für ein gesundes und zufriedenes Älterwerden“, sagt Prof. Dr. Ursula Lehr, Vorsitzende der BAGSO. „Nach meiner Einschätzung liegt hier ein noch nicht entdecktes Handlungsfeld für das freiwillige Engagement zur Erhöhung der Lebensqualität alter Menschen.“


Die Furcht mancher Heimleiter vor Allergien, Krankheiten und hygienischen Problemen haben der Arbeits- und Forschungskreis Hygiene (1990) sowie das Robert-Koch-Institut (2003) entkräftet. Letzteres empfiehlt, „die private Tierhaltung zu ermöglichen und Tiere unter definierten Bedingungen auch in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern zuzulassen.“

Kontakt:
Institut für Soziale Infrastruktur (ISIS)
Uwe J. Schacher
E-Mail: schacher@isis-sozialforschung.de
Website: www.isis-sozialforschung.de, www.heimverzeichnis.de