Beitrag Mensch&Tier

Dienstag, 20. Oktober 2015

Sozialarbeiter auf vier Pfoten

Wie Hunde Menschen in schwierigen Lebensumständen unterstützen können, zeigt ein Münchener Vorzeigeprojekt.

Der Müll in der Wohnung stapelt sich fast bis zur Decke. Überall liegen Kartons, Zeitungen und Wäsche. Wäsche, um die sich die 87 Jahre alte, hochgebildete Frau schon seit längerem kümmern will, es aber nicht schafft. Es riecht unangenehm nach Urin, auf dem Teppich sind Spuren von Kot.

Der alten Dame drohen eine Zwangsräumung aus ihrer Mietwohnung und eine Einweisung in ein Heim. Ihre Familie ist ratlos, denn die betagte Mutter will ihre Hilfe nicht. Da wendet sich ihr Sohn an Wedigo von Wedel, Fachkraft für tiergestützte Therapie und Pädagogik sowie Geschäftsführer von H-Team e. V in München.

Mit dem Projekt „Türöffner“ begleitet von Wedel seit zwei Jahren mit Unterstützung seiner beiden Hunde, einem Briard und einem Tibet-Terrier, Menschen, die mit ihrer Wohnung und ihrem Leben völlig überfordert sind und nicht zurechtkommen. „Meistens verbergen sich hinter dem Messie-Syndrom ganz andere Probleme, wie Altersdepression, Einsamkeit, Zwangsstörungen oder Ängste“, erzählt von Wedel. Oft droht den Betroffenen die Obdachlosigkeit oder eine Einweisung in ein Heim. Aus Misstrauen, schlechten Erfahrungen oder Scham fällt es ihnen schwer, Hilfe anzunehmen. So stehen Angehörige, Vermieter, aber auch professionelle Sozialarbeiter vor verschlossenen Türen und sind ratlos. Hier kann von Wedel weiterhelfen.

So auch bei der alten Dame in München. Als von Wedel bei ihr klingelt, schielt sie misstrauisch aus dem Fenster und versucht ihn loszuwerden. Doch als sie seinen Hund erblickt, öffnet sie die Tür und sucht die Nähe des Tieres. „Vor einem Hund schämt sich kaum jemand“, erklärt von Wedel. „Tiere rümpfen nicht die Nase und verurteilen die Menschen wegen ihrer Wohnsituation.“

Über seinen vierbeinigen Begleiter gewinnt von Wedel das Vertrauen der Betroffenen. „Die Klienten schauen, wie ich mit dem Hund umgehe und denken, wenn das Tier ihm vertrauen kann, dann kann ich das auch.“ Tiere beruhigen und entspannen die Betroffenen. „Sie fühlen sich angenommen und schöpfen wieder Vertrauen“, erzählt von Wedel. „Wir helfen ihnen, dieses Vertrauen wieder auf Menschen zu übertragen.“

Das Projekt ist deutschlandweit das einzige seiner Art und wird über Stiftungsmittel gefördert. Die Klienten werden durchschnittlich ein bis eineinhalb Jahre begleitet. Die alte Dame konnte von Wedel bereits nach drei Wochen an einen Pflegedienst vermitteln, der sie in ihrem Alltag unterstützt.

Foto: © H-Team e.V.

Kontakt: H-Team e.V. I Wedigo von Wedel I www.h-team-ev.de I
089 747 36 20 I info@h-team-ev.de