Beitrag Mensch&Tier

Dienstag, 03. Januar 2017

Mit tierischer Hilfe zurück ins Leben

Die Fachklinik Vielbach in Rheinland-Pfalz ist Anlaufstelle für suchtkranke Männer und bietet mit naturnahen und tiergestützten Interventionen einen einmaligen Therapieansatz.

Timo* gehörte zu den ganz schwierigen Fällen. Mit 28 Jahren hatte er bereits mehrere Jahre im Gefängnis gesessen, war alkoholabhängig und bindungsgestört. Die anderen Patienten blieben auf Sicherheitsabstand, die Therapeuten kamen kaum an ihn heran. Bis Timo auf dem Gelände der Fachklinik Vielbach einer Katze begegnete, die sich hartnäckig mit schnurrendem Charme um seine Aufmerksamkeit bemühte – mit Erfolg. Der unnahbare Mann begann, die Katze zu streicheln und ließ im wahrsten Sinne des Wortes erstmals jemanden an sich heran.

Solche Szenen sind für Klinikleiter Joachim Jösch Schlüsselmomente. „Für Patienten wie Timo, die in ihrem bisherigen Leben kaum Liebe, Anerkennung und Aufmerksamkeit erfahren haben, ist das Zusammensein mit Tieren eine wertschätzende Erfahrung“, sagt der Therapeut. „Plötzlich interessiert sich jemand für sie, sie gewinnen Selbstvertrauen und können sich nach und nach aus der inneren Isolation befreien.“ Diesen Effekt nutzt das Therapeutenteam der Fachklinik Vielbach, um Patienten medizinisch zu rehabilitieren und anschließend wieder in die Gesellschaft einzugliedern: 60 Therapieplätze warten auf Männer, die suchtkrank und oft ohne Wohnung sind und sämtliche soziale Brücken eingerissen haben. Im Rahmen einer Arbeitstherapie versorgen die Patienten Tiere und Pflanzen und lernen so, wieder Verantwortung zu übernehmen, ihren Tag zu strukturieren und Gefühle wie Zuneigung und Sicherheit zu empfinden.

Auf dem 20 Hektar großen Klinikareal mitten in der Natur leben Hunde, Kaninchen, Meerschweinchen, Pferde, Esel, Ziegen, Gänse, Hühner, Wildbienen, Fledermäuse sowie Frösche, Fische und Lurche. „Die Meerschweinchen nehmen eine Schlüsselrolle ein, wenn sie mit Patienten in einem Zimmer leben“, sagt Jösch. Ein ehemaliger Patient, der mit den Meerschweinchen Hanni und Nanni ein Zimmer teilte, bezeichnete seine tierischen Mitbewohner als seine „ersten richtigen Freunde überhaupt“. Für Klinikleiter Jösch sind solche Erfahrungen nicht nur sehr berührend, sondern bestätigen den positiven und vergleichsweise schnellen therapeutischen Effekt, den der Umgang mit Tieren auf Patienten hat. „Menschliche Therapeuten können eine solche Wandlung im Patienten erst nach intensiver psychotherapeutischer Arbeit bewirken“, meint Jösch.

Auch die Gruppensitzungen profitieren von vierbeiniger Unterstützung: Bearded Collie Coffee wirkt wie ein Eisbrecher und bringt Männer, die Gefühle bisher nur schwer artikulieren konnten, zum Sprechen. Viele der ehemaligen Patienten können ihre neu erworbenen sozialen Kompetenzen auch über die Therapie hinaus in zwischenmenschlichen Beziehungen nutzen und finden so leichter in ein geregeltes Leben.

*Name von der Redaktion geändert

Fachkrankenhaus Vielbach
Joachim Jösch
Nordhofener Str. 1
56244 Vielbach
02626 97830
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