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Donnerstag, 25. April 2024

Ein Herz für Panzer und Schuppen

Schildkröten, Geckos, Schlangen: Haltung und Pflege von Reptilien sind aufwendig und oft kostspielig. Dennoch halten viele Menschen Reptilien – weil sie sich den Tieren eng verbunden fühlen, ähnlich wie bei Hunden und Katzen. Das untermauern portugiesische Wissenschaftler mit einer Befragung unter Reptilienhaltern.

In der EU werden mehr als 500 Arten Reptilien gehandelt und über acht Millionen Einzeltiere leben hier als Heimtiere. Beliebt sind Sympathieträger wie Schildkröten, Schlangen dagegen sprechen einen deutlich kleineren, aber speziell interessierten Kreis an. Doch Reptilien spielen und kooperieren nicht wie Hunde, kuscheln nicht wie Katzen und quatschen nichts nach wie Papageien. Was also macht das Band aus zwischen Mensch und Reptil?  

Von Kumpan bis Statussymbol

Die Wissenschaft beantwortet das unterschiedlich: Manche Autoren bringen die Affinität zu Reptilien mit eher narzisstischen Persönlichkeiten in Verbindung, teils gekoppelt mit einem ausgeprägten Faible für sozialen Status. Andere vermuten ähnliche Motive wie bei Haltern von Hunden oder Katzen. Ein Team um den Tiermediziner und Tierverhaltensspezialisten Alexandre Azevedo von der Universität Lissabon hat dies mit einer Online-Befragung näher beleuchtet.

Gebildete Städter mit Hang zu Schildkröten

Insgesamt nahmen 220 Reptilienbesitzer teil, 123 Frauen und 95 Männer. Mehrheitlich leben sie in der Stadt, viele in einer Wohnung, weniger im eigenen Haus. Mehr als die Hälfte haben einen Universitätsabschluss und nur drei gaben an, keinen Schulabschluss zu haben – möglicherweise Teenager, die noch zur Schule gehen. 

Etwa zwei Drittel der Befragten halten Schildkröten, ein Fünftel Eidechsen und die übrigen Schlangen. Die meisten beziehen die Tiere über den Fachhandel, knapp ein Viertel sagt, sie geschenkt bekommen zu haben, und nur zehn Prozent haben sie beim Züchter erworben. 

Unterhaltsame Kameraden

Alle Teilnehmer beschreiben die Faszination, die von Reptilien ausgeht: „Sie sind so anders“. Immer wieder fallen Formulierungen wie „ich mag“, „ich liebe“ oder „meine Leidenschaft“. Die Tiere werden als „Familienmitglieder“, „Heimtiere “ oder „Freunde“ gesehen – als Empfindungswesen, die wie wir Stress, Angst oder Schmerz fühlen. 

Die Halter fühlen sich von ihnen „unterhalten“ und „kameradschaftlich begleitet“ und sie empfinden „Fürsorge“. Zudem seien Reptilien einfach und unabhängig: „Sie sind genügsam und fordern nicht so viel wie Hunde.“ Die Tiere symbolisierten generell ein „positives Ehrgefühl gegenüber der Natur“, so ein Proband. Ein anderer hebt hervor, wie nützlich zum Beispiel Schildkröten seien: „Sie halten die Schnecken im Garten in Schach.“
 
Wie Hund und Katze – nur anders

Somit zeigt die Beziehung Mensch-Reptil ähnliche Muster wie die Beziehung zu Hunden oder Katzen. Allerdings differenzierten die Halter von Reptilien mehr und vieles dabei beziehe sich auf die Faszination von deren exotischer Lebensweise und dem ungewöhnlichen Verhalten, so die Studie. 

Insgesamt werden sich Reptilien zu Hause weiter ausbreiten, prognostizieren die Forscher – und dass „eine frühe Sensibilisierung für Artenschutz und Verantwortung bei der Tierhaltung eine große Rolle dabei spielt, inwieweit es ihnen als Heimtieren gutgeht“.

Alexandre Azevedo | Universität Lissabon | Fakultät für Veterinärmedizin | ax.c.azevedo@remove-this.gmail.com