Beitrag Mensch&Tier

Donnerstag, 08. September 2011

Aquarianer sind optimistisch und zufrieden

Fische zu beobachten hat eine faszinierende und gleichzeitig beruhigende Wirkung auf den Menschen. Die Qualität der Beziehung von Aquarianern zu ihren Fischen ist dabei unvergleichlich: Die „Wasserbewohner“ lassen sich nicht streicheln oder vermitteln ein Gefühl emotionaler Zuneigung wie es beispielsweise Hunde tun. Wie Wissenschaftler nun festgestellt haben: Aquarianer sind glücklich mit ihren schwimmenden Heimtieren und erleben sich als optimistisch, zufrieden und ausgeglichen.


Erste Studie zur Mensch-Fisch-Psychologie
In einer ersten wissenschaftlichen Studie über die Psychologie der Mensch-Fisch-Beziehung analysierten Wissenschaftler des Bonner Psychologischen Instituts unter Leitung von Reinhold Bergler die Beziehungsqualität von Aquarienbesitzern zu ihren Fischen sowie deren Bedeutung für das menschliche Erleben, das Wohlbefinden und die Lebensqualität.

Auf Basis einer qualitativen Explorationsstudie, bei der 30 Aquarienbesitzer in Einzelgesprächen mit offenen Fragestellungen zu ihrer Mensch-Fisch-Beziehung befragt worden waren, wurde für die darauf aufbauende Repräsentationsstudie ein standardisierter Fragebogen entwickelt. Dieser gewährleistete methodisch die Abdeckung aller Erfahrungs- und Erlebnisaspekte, die Menschen mit Zierfischen in Verbindung bringen (psychologische Nutzen- und Kostenfaktoren wie zeitlicher Aufwand, Persönlichkeitsfaktoren wie Lebenszufriedenheit, u.a.). Die Analyse wurde mit 100 Besitzern von Warmwasseraquarien (davon 90 Männer), ausgewählt als repräsentative Stichprobe nach demografischen Merkmalen, in persönlichen Interviews mithilfe des Fragebogens durchgeführt. Als Vergleichsgruppe wurden 100 Personen, die kein Aquarium besitzen, hinsichtlich ihres Fremdstereotyps über Aquarianer auf Grundlage des Fragebogens zum Selbststereotyp der Aquarianer befragt.


Ästhetisch-schöne Aquarienwelt beruhigt
Die Ergebnisse legen nahe, dass Fische ihrem Menschen gut tun. Aquarianer sind den Ergebnissen nach mit sich im Reinen, wie es die nachstehenden Zahlen verdeutlichen:

• 79 Prozent der Aquarianer erkennen sich überwiegend als selbstverantwortlich für das eigene Leben,
• 74 Prozent halten sich für ausgeprägt optimistisch,
• mehr als 80 Prozent der Befragten geben eine hohe bis sehr hohe persönliche Zufriedenheit vor allem in den Bereichen Beziehungen zur Familie und zum Partner an und
• 74 Prozent bewerten ihr Selbstwertgefühl als positiv und stabil.

Überraschend war die Erkenntnis, dass Aquaristik kein familiär tradiertes Hobby ist, sondern sich aus eigenem Interesse entwickelt. Dies zumeist auch erst im Erwachsenenalter: Das Durchschnittsalter des Aquaristik-Einsteigers ist 28 Jahre. Gründe für die Anschaffung eines Aquariums sind u.a. Aspekte wie die Vermittlung von Ruhe und das Erleben der ästhetisch-schönen, komplexen Aquarienwelt.

Pflegeaufwand stört nicht und gehört dazu
Für viele scheinen Fische ein Lebensinhalt zu sein (60%) und die meisten finden, dass die Freizeit durch die Tiere sinnvoll und interessant gestaltet wird (61%). Der überwiegende Teil der Aquarianer erfreut sich dabei an „dem lebendigen Stück Natur“ (89%). 88 Prozent der Fisch-Liebhaber schalten bei ihrem Anblick ab und können sich entspannen. Nur 16 Prozent finden übrigens, dass für die Pflege viel Zeit aufgewendet werden müsse.


Faszinierender Film ohne Anfang und Ende
Die Beziehungs- und Erlebnisqualität ist dabei von sehr vielschichtiger Natur. Begründet ist die psychologische Bindung an die Erlebniswelt eines Aquariums in seiner konstanten Attraktivität. „Für Aquarianer“, so lautet das Resümee der Forscher, „ist ihr Aquarium wie ein farbiger, faszinierender Stummfilm ohne Anfang und Ende; ein Film, der so beeindruckt, dass man ihn immer wieder sehen und erleben möchte.“

Anzustreben ist nach Meinung der Wissenschaftler, auf Grundlage der Ergebnisse eine weiterführende Forschung hinsichtlich der psychologischen Bedeutung der Beobachtung von Zierfischen sowie der Pflege und Gestaltung der Aquarienwelt unter pädagogischen und therapeutischen Aspekten.

Quelle:
Bergler, Reinhold & Tanja Hoff (2007): Psychologie der Mensch-Fisch-Beziehung bei Aquarienbesitzern. Schriftenreihe Psychologie der Mensch-Tier-Beziehung, Band 3. S. Roderer Verlag, Regensburg.