Beitrag Mensch&Tier

Im Kontakt mit ihren Schafen findet die Pädagogin Dr. Nicole Justen zur Ruhe - und ihre Klienten ebenso. Foto: Dr. Nicole Justen

Montag, 06. Juli 2020

Waldbaden mit Schafen

In einem Biosphärenreservat in Mecklenburg-Vorpommern bietet die Diplom-Pädagogin Dr. Nicole Justen natur- und tiergestützte Beratung an. Zu ihr kommen Personen, die Ruhe und Entspannung oder Antworten auf individuelle Lebensfragen finden möchten.

Wenn Dr. Nicole Justen selbst zur Ruhe kommen möchte, dann lauscht sie einen Moment den Geräuschen ihrer Schafe beim Fressen. Es sind wohlige, zufriedene und beruhigende Geräusche – ein genüssliches Kauen, Schnaufen und Malmen. 

Gemeinsam mit ihrem Hund und vier ostfriesischen Milchschafen lebt und arbeitet die Diplom-Pädagogin und zertifizierte Fachkraft für tiergestützte Interventionen im „Waldraum“, einem Biosphärenreservat in Mecklenburg-Vorpommern. Mithilfe ihrer Tiere und der Natur berät und unterstützt sie hier Personen bei individuellen Entwicklungs- und Lernprozessen. 

„Zu mir kommen ganz unterschiedliche Menschen“, berichtet Dr. Justen. Manche kommen allein, manche als Paar oder auch als Familie mit Kindern. Viele brauchen eine Auszeit vom Alltag und suchen nach Ruhe oder Antworten auf individuelle Fragen. „Der Kontakt mit den Schafen und ein Gang durch die Natur kann sie dabei unterstützen, nicht nur kognitiv nach Lösungen zu suchen, sondern auch physisch und psychisch wieder in Bewegung zu kommen“, sagt Dr. Justen. 

Der Beratungsprozess beginnt für gewöhnlich mit einem Besuch bei den Schafen. „Wenn man sich auf die Wiese setzt, kommt das Schaf Fleckchen und legt sich dazu“, berichtet die Pädagogin. „Bei fast allen Menschen löst dies positive und beruhigende Gefühle aus.“ Springen die Schafe albern und ausgelassen über die Weide, erzeuge das reine Zusehen Freude bei den Ratsuchenden. „Besonders Kindern fällt es in Anwesenheit der Tiere oft leichter, über Probleme oder Ängste zu sprechen“, so Dr. Justen. 

Der Besuch bei den Schafen kann nun in das sogenannte Waldbaden übergehen. Dieser Ansatz stammt aus Japan und ist dort eine anerkannte Maßnahme zur gesundheitlichen Prävention. Dabei geht es darum, in die Atmosphäre des Waldes einzutauchen, die Naturgeräusche und Walddüfte bewusst aufzunehmen und zur Ruhe zu kommen. Stresshormone sollen so abgebaut, Ärger, Sorge und depressive Stimmung gemindert werden.  

Neben der Bewegung unterstützen auch Materialien aus der Natur, wie Steine, Äste, Zapfen oder Schneckenhäuser, den Beratungsprozess. „Naturmaterialen können dazu eingesetzt werden, um unterschiedliche Sinnes-kanäle anzusprechen, was für Lernprozesse hilfreich sein kann,“ erzählt Dr. Justen. Neben den Schafen geben auch Wildtiere Anreize, um Veränderungsprozesse anzuregen. So könne schon die Beobachtung eines Raubvogels oder einer Schnecke Überlegungen anstoßen. 

Dr. Nicole Justen l waldraum@remove-this.freenet.de