Beitrag Mensch&Tier

Dienstag, 20. November 2012

„Von Rückenschmerzen bis Ess-Störungen“

Die Autorin der Studie, Dr. Andrea Beetz, hat erst vor kurzem am eigenen Leib die wohltuende Wirkung einer Therapiestunde auf dem Pferderücken erlebt. Mensch & Tier hat mit ihr gesprochen.

Für wen ist therapeutisches Reiten geeignet?

Es gibt viele verschiedene Indikationen für therapeutisches Reiten bzw. Hippotherapie. Der Bewegungsaspekt beim Reiten hilft bei Rückenschmerzen und erfordert auch eine gewisse Körperwahrnehmung, was z. B. bei der Therapie von Ess-Störungen wichtig sein kann. Wer sich entspannt auf einem Pferd führen lässt, schwingt mit seiner natürlichen Bewegung mit. Das lockert die Muskulatur im Hüft- und Lendenbereich des Patienten und fördert eine optimale Körperspannung im Bewegungsapparat. Manche Kinder mit körperlichen Behinderungen lernen so erst, aufrecht zu sitzen. Zu den psychologischen Effekten des therapeutischen Reitens gehört zudem die Stärkung des Selbstwertgefühls und der Selbstwirksamkeit, wenn man mit einem so großen Tier kompetent umgehen kann.

Findet die Therapie nur auf dem Pferderücken statt?

Nein, das Drumherum ist auch wertvoll. Ein Pferd muss versorgt werden, es wird von der Weide oder aus dem Stall geholt, geputzt, gesattelt und nach dem Reiten vielleicht gefüttert. Das lenkt Menschen von den Gedanken an ihre Krankheit ab und stärkt ihr Verantwortungsgefühl für Lebewesen. Zudem macht das Versorgen auch Spaß, es entspricht unserem natürlichen Pflegetrieb. Zudem tut es gut, draußen in der Natur zu sein oder sich in Gruppen mit anderen auszutauschen – eine Therapie wird so weniger als Therapie empfunden.

Hat das „normale“ Reiten auch solche positiven Effekte?

Das Naturerlebnis ist natürlich für jeden Reiter ein Gewinn. Aber: Wer selbst die Hilfen zum Reiten gibt, muss aufmerksam bleiben und seine Muskeln anders einsetzen als beim Geführtwerden. Für die Muskelrelaxation, z. B. bei akuten oder chronischen Schmerzen, ist es wohl gewinnbringender, sich führen zu lassen, die Augen zu schließen und mitzuschwingen.