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Foto: iStock/Capuski

Dienstag, 07. Januar 2025

Spürnasen auf der Suche nach Senioren

Ein großes Risiko für Demenzkranke besteht darin, sich zu verlaufen und den Weg nach Hause nicht wiederzufinden. Passiert das im Winter oder in ländlichen Gegenden, kann es für die orientierungslose Person tödlich enden. Ein Seniorenheim in Duisburg alarmiert in solchen Fällen eine ehrenamtliche Staffel aus Mensch-Hund-Teams. 

Gespanntes Warten, alle wollen mitmachen. Im Saal des Altenheims Casa Mia in Duisburg haben sich mehr als 30 Senioren versammelt. Es ist Trainingstag: Die Spürhunde von Hundetrainer Andreas Kühm kommen ins Haus. In Teams aus je einem Tier und einem Hundeführer üben sie, Menschen zu finden – Menschen, die verloren gegangen sind. 
 
Vermisste Personen rasch aufgespürt

„Gerade Menschen mit Demenz spüren oft einen starken Drang zu laufen und finden dann nicht wieder zurück“, erläutert Andreas Kühm sein Engagement im Seniorenheim. „Selbst wenn Demenzkranke sich nur im Haus verirren, kann es zig Stunden dauern, bis man sie wiederfindet. Manchmal bleiben Personen noch länger verschwunden, teils sogar über Nacht. Das kann fatal enden, vor allem wenn sie sich im kalten Winter schutzlos draußen aufhalten.“  

Regelmäßiges Training für den Notfall

Aus diesem Grund entwickelte Kühm seine Idee, mit dem Seniorenheim gezielt zu kooperieren. Denn seine Mantrailer, also Suchhunde, die Menschen erschnüffeln, können in solchen Gefahrensituationen helfen. „Für die Hunde ist das Erschnüffeln von Spuren wie ein Spiel – und es geht beeindruckend schnell“, erklärt Kühm. Ein Test bewies es: Ein Vermisstenfall wurde nachgestellt, ein Senior verbarg sich im Haus, begleitet von Pflegepersonal. „Es dauerte anderthalb Minuten und der Hund hatte ihn gefunden“, berichtet Kühm. 

Damit im Ernstfall alle wissen, was zu tun ist, wird im Seniorenheim Casa Mia seitdem regelmäßig vor Ort trainiert. Dabei bekommt der Hund zum Beispiel mittels getragener Kleidung einen menschlichen Geruch präsentiert. Wie genau dieser zustande kommt und wie die Hunde ihn differenzieren, ist wissenschaftlich noch nicht erschöpfend geklärt. Wahrscheinlich ist, dass er von Bakterien auf Hautschuppen stammt, die Menschen ständig verlieren. Dieses individuelle Duftmuster machen die Hunde aus, folgen ihm und zeigen dem Hundeführer so den Weg zur zugehörigen Person.  
 
Wie gut das klappt, hängt unter anderem vom Wetter ab. „Am besten ist es windstill und feucht bei rund 20 Grad“, erklärt Kühm. Denn je ruhiger und nasser, desto weniger weit werden die Hautschuppen verwirbelt. Zudem brauchen die Hautbakterien eine gewisse Wärme, um zu arbeiten. Also müssen die Suchteams zügig starten, damit die Spur nicht im wahrsten Sinne des Wortes kalt wird.  

Suchspiele mit Kuschelfaktor

Aktuell gehören 16 Hunde und ihre Hundeführer zu Kühms Demenzstaffel. Alle sind schon jahrelang dabei und haben sich bewährt. Und das nicht nur als Spürhunde, denn die Vierbeiner sind auch als Besuchstiere sehr begehrt: Wird einmal im Monat direkt vor Ort im Casa Mia und dem umliegenden Park trainiert, stehen jedes Mal viele betagte Bewohner parat. Alle wollen Versteckperson sein, doch es können immer nur wenige aktiv an den Übungen teilnehmen. „Daher haben wir parallel eine Kuschelgruppe eingerichtet“, erzählt Kühm. Wer sich nicht als Testperson verstecken darf, kann sich alternativ mit den wartenden Hunden befassen. So profitieren alle: Die Hunde lieben die Zuwendung und die Senioren bekommen eine Beschäftigung – und im Notfall schnelle Hilfe.

Andreas Kühm | info@remove-this.baruta.eu