Montag, 09. September 2024
Plädoyer für den Kollegen Hund
Einen lebendigen Fußwärmer unter dem Schreibtisch? Viele Hundehalter würden ihre Tiere gern mit zur Arbeit nehmen. Doch bislang erlauben dies nur wenige Firmen. Dabei verbessert ein freundlicher Hund nicht nur die Arbeitsatmosphäre, sondern birgt auch Profitpotenzial.
Beim Zoll, der Polizei, im Wachdienst oder im Jagd- und Forstwesen gehören Hunde zum Arbeitsalltag und haben ihre eigenen Aufgaben zu erfüllen. Im Büro sind Hunde dagegen selten anzutreffen, obwohl sie auch hier wichtige Aufgaben erfüllen könnten. Dadurch vergeben Unternehmen viel Potenzial, besagt eine Studie der Universität Lincoln in Großbritannien. Die Ergebnisse wurden im Journal „Frontiers of Veterinary Science“ publiziert.
Anders als bei vielen anderen Untersuchungen, die oft eher klein sind oder sich auf qualitative Aussagen fokussieren, wertet die anonyme Befragung der Psychologin Sophie Susannah Hall und des Tierverhaltensmediziners Daniel Simon Mills die Antworten von immerhin 749 Teilnehmern quantitativ aus.
Weiblich, jung und aus der Werbung
Auffällig viele der freiwilligen Teilnehmer waren Frauen aus der Werbebranche im Alter von 26 bis 35 Jahren. Insgesamt brachten 167 Personen ihre Tiere oft mit zur Arbeit, 76 hatten ihre Hund immerhin ab und zu dabei. Die übrigen 526 hielten zwar Hunde, diese blieben aber in der Regel zu Hause. Von den Tieren hatten deutlich mehr als ein Drittel die Hundeschule besucht. Einige waren darüber hinaus im regelmäßigen Kurstraining, etwa im Hundesport.
Die Teilnehmer sollten auf kodierten Skalen ihre Lebens- und Arbeitsumstände bewerten, die Gesundheit ihres Tieres, ihr persönliches Arbeitsengagement, ihre Arbeitszufriedenheit, ihren Willen, den Arbeitsplatz zu wechseln, oder auch, wie intensiv sie soziale Netzwerke nutzten. Letzterem hängt schließlich der Ruf eines schlechten Einflusses auf die Arbeitsqualität nach.
Engagierte, zufriedene Mitarbeiter, die bleiben
Ergebnis: Einen klaren Gewinn für die Firma bedeuten Mitarbeiter, die ihren Hund oft mit zur Arbeit nehmen. Bei allen abgefragten Faktoren übertrafen ihre Level die der anderen Gruppen. So war die Bindung an das Kollegenteam größer, ebenso das Wohlbefinden bei der Arbeit, die eigene Aufnahmefähigkeit, die gefühlte Energie sowie die Zufriedenheit mit der Tätigkeit und mit der eigenen Karriere. Umgekehrt war der Wille zum Arbeitsplatzwechsel geringer. Als Ausnahme zeigten sich die Halter von Hunden, die dauerhaft im Training sind. Sie tendieren etwas eher dazu, den Job gegebenenfalls zu wechseln.
Keine Unterschiede zwischen den Gruppen gab es in Bezug auf die Nutzung von sozialen Netzwerken während der Arbeitszeit. Eine Überraschung lieferten indes die Pausenzeiten: Erwartet war, dass die Personen mit Hundebegleitung sich weniger bei Facebook, TikTok und Co. tummelten. Das Tier lenkt schließlich vom Handy ab. Tatsächlich waren aber gerade die Hundehalter deutlich mehr online unterwegs – an der Spitze die Halter von Rassehunden.
Übrigens hatten auch die Tiere Vorteile vom regelmäßigen Gang ins Büro. Zwar zeigten sich keine Unterschiede, was die Gesundheit betrifft. Aber ihre Besitzer schätzten ihre Tiere beispielsweise als deutlich weniger ängstlich ein als die Halter der anderen beiden Gruppen.
Appell an die Arbeitgeber
Da an der Studie mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent fast nur Frauen teilnahmen, ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die Ergebnisse bei einer Geschlechterbalance anders aussehen würden. Zudem fußt die Analyse auf einer reinen Selbsteinschätzung der Teilnehmer, auch das mag eine gewisse Fehlschätzung bedeuten. Komplett umkehren würden sich die Ergebnisse jedoch vermutlich nicht, wenn auch Männer sowie Fremdeinschätzungen einbezogen würden. So lässt sich die Studie insgesamt als ein Appell verstehen, mehr Hunde am Arbeitsplatz zu erlauben.
Universität Lincoln l Fachbereich Lebenswissenschaften l Cognition and Welfare Group l Sophie Susannah Hall l shall@ lincoln.ac.uk