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Dienstag, 07. Januar 2025

Mehr Wohlbefinden dank Meerschweinchen

Ein Gefühl von Zugehörigkeit zu Schule, Mitschülern und Lehrkräften kann einen entscheidenden Unterschied für erfolgreiches Lernen machen. Wie Bildungseinrichtungen von tiergestützten Aktivitäten mit Meerschweinchen profitieren, hat eine Psychologin aus Großbritannien untersucht.

Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe ist tief im Menschen verankert. Schon den Jüngsten geht es so: Wer sich in der Schule zugehörig fühlt, fühlt sich wohler. Und wer sich wohlfühlt, kann besser lernen. Dieses Zugehörigkeitsgefühl im schulischen Umfeld wird laut Dr. Louise Miller von der University of East London in Großbritannien zunehmend wichtiger in einer Zeit, die von Ungewissheit, Ungleichheit, Leistungsdruck und den Folgen der Nutzung sozialer Medien geprägt ist. Um solche Härten abzufedern, setzen Schulen weltweit zunehmend auf tiergestützte Aktivitäten. Wie sich letztere auf das Zugehörigkeitsgefühl von Schülern zu ihrer Bildungseinrichtung auswirken, hat Miller in ihrer Doktorarbeit erforscht.

Interviews im Meerschweinchen-Club

Schüler im Alter von sieben bis zehn Jahren an zwei Grundschulen im südlichen London nahmen an Millers Studie teil. Alle waren Mitglieder der schulischen Meerschweinchen-Clubs, die regelmäßig zusammenkamen und die Interaktion mit und Versorgung von Meerschweinchen zum Ziel hatten. Die offenen Fragen der Forscherin zielten darauf ab, den Kindern möglichst ausführliche Antworten rund um ihre Gefühlswelt im Umgang mit den Meerschweinchen und der Club-Zugehörigkeit zu entlocken.

„Tiefgehende Beziehungen zu den Tieren“ 

„Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Schüler tiefgehende Beziehungen zu den Meerschweinchen entwickelt haben“, schlussfolgert Miller in ihrer Arbeit. „Obwohl sich einige individuelle Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen sowie älteren und jüngeren Probanden zeigten, gab es klare Hinweise bei allen Schülern, dass sich der Umgang mit den Tieren positiv auf das Zugehörigkeitsgefühl im Schulalltag auswirkte.“ 

So nannten die befragten Kinder eine Reihe von Aspekten im Zusammenhang mit emotionalem Wohlbefinden: Der größte Themenkomplex drehte sich um die positiven Gefühle, die die Meerschweinchen in den Schülern auslösten. Dabei ging es nicht nur um Fröhlichkeit und Freude, sondern auch um die Fähigkeit zur Gefühlsregulation oder um Aufheiterung bei Stimmungstiefs. „Dabei ist davon auszugehen, dass Tiere nicht einfach nur Trost spenden, sondern es unterbewusste psychologische Mechanismen gibt, die den positiven Effekt auf die Stimmung erklären“, schreibt Miller in ihrer Analyse. Beispielsweise beschrieben die Kinder, wie die Meerschweinchen sie zum Lachen bringen oder das Streicheln der kleinen Tiere positive Gefühle bei ihnen auslöste – beides Indikatoren für eine Oxytocin-Ausschüttung. Ein Kind malte in einem Bild demonstrativ, wie es traurig vom Spielplatz kommt, Kontakt zu den Meerschweinchen aufnimmt und als Konsequenz Ruhe und Zufriedenheit empfindet.

Das Meerschweinchen als Superheld

Die Gefühlswelten von Jungen und Mädchen unterschieden sich insofern, als dass Mädchen mehr über ihre Glücksgefühle durch Körperkontakt und Jungen eher über den Spaß am Spiel mit den Meerschweinchen berichteten. Für jüngere Kinder stand ebenfalls der Körperkontakt im Vordergrund. Die älteren Probanden reflektierten hingegen auch die auf Achtsamkeit und Verantwortungsgefühl basierende Bindung zwischen Mensch und Tier. Besonders für ältere Jungen stand das Thema der Versorgung und Verantwortung stark im Vordergrund. „Es steht zu vermuten, dass die Clubs den Kindern einen geschützten Raum bieten, um komplexe Gefühle zu erfahren und auszudrücken, was wiederum emotionale Sicherheit vermittelt“, heißt es in der Doktorarbeit.

Zudem neigten die Kinder dazu, ihre Meerschweinchen zu vermenschlichen – oder ihnen sogar übermenschliche Kräfte zuzuschreiben und sie als Superhelden darzustellen. „Was für eine Überraschung, dass eine ganze Welt aus Farben, Abenteuern und Kreativität von einem einfachen Meerschweinchen inspiriert werden kann!“, schreibt Miller abschließend.